Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Herzlichen Dank Herr Wieser für die freundliche Vorstellung und auch,
dass Sie mir die Möglichkeit gegeben hat, nachdem ich jetzt die Reihe schon eröffnet habe,
mit einem Vortrag über die Enhancement Debatte im Allgemeinen nun eine sehr spezielle Vortrag
zu halten, der sich mit dem Genetic Enhancement auseinandergesetzt. Genetic Enhancement zieht
sich ja in gewisser Weise auch so durch die Vortragsreihe. Auch der zweite Vortrag der
Reihe hat sich sozusagen mit der historischen Dimension des Genetic Enhancements, damals hieß
es noch die Eugenik Debatte, auseinandergesetzt und insofern hat der Leben mit seinem historischen
Überblick schon den ganzen auch historischen Hintergrund, der gerade für die deutsche Debatte
zu dem Thema besonders relevant ist, gegeben. Diese ganze Debatte ist vor ca. 14 Jahren
dann in Deutschland wieder besonders prominent geworden durch einen Vortrag, den Peter Sloterdijk
erhalten hat, die Regeln für den Menschenpark. Darauf wurde dann reagiert in der Zeit von
Haber, Maas und seinen Schülern zum Teil auch. Ja, Asshäuser ist einer der Herausgeber,
der ja auch die ganze Debatte dann von Bann gebrochen hat. Eine große Herausforderung
dieser Debatte war auch, Sloterdijk hat natürlich in dem Zusammenhang auf Heidegger verwiesen,
auf Nietzsche verwiesen, auf Platon verwiesen. Das waren sozusagen die problematischen Angelpunkte,
die in Deutschland so gezündet haben. Natürlich werden hier in dem Rahmen noch immer Nietzsche,
Heidegger und auch Platon mit bestimmten problematischen totalitären Vorstellungen
identifiziert, weshalb das zu einer großen nationalen Diskussion geführt hat, die aber
auch im internationalen Raum wahrgenommen wurde. Und eigentlich ist immer noch diese Diskussion
der entscheidende Beitrag zu der ganzen Debatte zum Genetic Enhancement im internationalen Raum,
der aus Deutschland kommt. Die Position, auf die ich heute fokussiere, ist eine von Julian
Savulesco und das ist ein Schüler von dem umstrittenen Bioethiker Peter Singer und könnte
so in Deutschland wahrscheinlich gar nicht vorgebracht werden. Man würde ihn sofort
wissenschaftlich an die Wand stellen. Er hätte in jedem Fall keine Chance hier in
unserem Kulturraum zu einer Professur wahrscheinlich zu gelangen, weil seine Vorstellungen immer noch
die Anspielung oder genau diese Zündelien aus deutscher Sicht beinhalten, weshalb auch auf die
Debatte von Habermas und Slotterdeich so intensiv reagiert wurde. Ich möchte mich mit dem Vortrag
sozusagen auf die internationale Diskussion, die im englischsprachigen Raum stattfindet,
konzentrieren und sie einem deutschen Publikum etwas näher bringen und mich eben auch kritisch
damit auseinandersetzen. Die zentrale Frage ist, besteht eine moralische Verpflichtung nach künstlicher
Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik das Kind mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf ein
gutes Leben zur Implantation auszuwählen? Das ist die Position, die Julian Savulesco,
ein Schüler des umstrittenen Bioethikers Peter Singer, vertritt und er argumentiert,
dass es eine solche moralische Verpflichtung gibt. Ethiker des deutschsprachigen Kulturraums hingegen
erachten die Selektion nach IVF und PED im Allgemeinen meist für moralisch problematisch,
auch wenn sie mittlerweile in Deutschland unter strengen Auflagen und nur in speziellen Fällen
von schwersten Erkrankungen rechtlich erlaubt ist. Warum der Umgang und die allgemeine Stimmung
diesbezüglich so ist, wie sie ist, hat Herr Professor Leven bereits detailliert und ausführlich
in seinem Vortrag dieser Reihe aufgezeigt. Savulescos Position geht jedoch weit über
die deutschsprachige PED-Diskussion hinaus. Er argumentiert dafür, dass es eine moralische
Verpflichtung gibt, bestimmte befruchtete Eizellen zur Implantation zu selektieren und alle anderen
auszusortieren. Es ist wenigstens überraschend, dass auf diese Überlegungen auch in der
englischsprachigen Welt intensiv reagiert wurde, zumal sie auf komplex argumentierte Weise von einem
der weltweit führenden Bioethiker vertreten wird. Julian Savulesco ist der Leiter des renommierten
Uhiro Instituts der Universität Oxford. Auch in diesem Kontext wurde der von Karlheinz Leven
bereits erwähnte und häufig verwendete Vergleich mit der Eugenik des Dritten Reichs in den Raum
gestellt. So zum Beispiel von Robert Sparrow in einem Artikel mit dem Titel Not so new eugenics
der im Hastings Center Report erschien. Wie sollte mit einer solchen Position wissenschaftlich
umgegangen werden? Ich kenne einige deutsche Medizinethiker, die bereits eine wissenschaftliche
Presenters
Dr. Stefan Lorenz Sorgner
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:49:44 Min
Aufnahmedatum
2013-02-14
Hochgeladen am
2013-02-15 12:18:52
Sprache
de-DE
Im ersten Teil dieser Überlegungen beschreibe ich die Vorgänge, mit denen sich Savulescu auseinandersetzt, und lege seine Argumente für das Prinzip der Fortpflanzungs-Wohltätigkeit dar, das er heranzieht, um zu erläutern, dass potentielle Eltern eine moralische Pflicht haben, nach künstlicher Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik dasjenige Kind zur Implantation auszuwählen, bei dem die höchste Wahrscheinlichkeit auf ein gutes Leben gegeben ist. Im zweiten Teil stelle ich Gründe für die Selbstwidersprüchlichkeit von Savulescus Position vor und beschreibe, warum seine Sichtweise auf gewalttätige Weise diejenigen attackiert, die sein Prinzip ablehnen, weshalb ich sein Prinzip für unmoralisch erachte. Im Schlussteil skizziere ich Überlegungen, die andeuten, weshalb das Prinzip der Fortpflanzungsautonomie bezüglich der von Savulescu thematisierten Fragen moralisch angemessener ist als das Prinzip der Fortpflanzungs-Wohltätigkeit.